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„Genauso verfahren wir“

Die Bank für Kirche und Diakonie (KD-Bank) mit Sitz in Dortmund hat sich christlichen Werten verpflichtet und als Genossenschaft organisiert – genauso, wie sich Friedrich Wilhelm Raiffeisen das vorgestellt hat. Ein Interview mit dem Vorstandsvorsitzenden Ekkehard Thiesler.

Interview: Thomas Becker

 

Zur Person

Ekkehard Thiesler, Jahrgang 1965, ist Bankier und Wirtschaftswissenschaftler. Promoviert hat er über das Thema „Zukunftsfähigkeit von genossenschaftlichen Primärbanken in Deutschland“. Seit 2005 ist er Vorstandsvorsitzender der KD-Bank.

 

Herr Thiesler, wie wichtig ist Friedrich Wilhelm Raiffeisen für das Selbstverständnis der KD-Bank?

Sehr wichtig. Und zwar deswegen, weil die Gründerväter eine christliche Genossenschaftsbank ins Leben rufen wollten, die wie bei Raiffeisen nach dem Prinzip „Einer für alle, alle für einen“ funktioniert. Das bedeutete konkret: Wer Geld für einen guten Zweck brauchte, sollte es bekommen – nicht als Almosen, sondern als Darlehen oder Kredit. Und wer gerade etwas Geld übrig hatte, gab es an eine Geldsammelstelle, also die Bank, damit es für gute Zwecke verwendet werden konnte. Schon vor dem Ersten Weltkrieg kam die Idee auf, eine solche Bank zu gründen, die speziell für Kirche und Diakonie da ist. Anders als bei Aktiengesellschaften sollte diese genossenschaftlich organisierte Bank nicht dem Selbstzweck dienen, um möglichst hoch an der Börse gehandelt zu werden.

Was ist heute das Ziel?

Wir sehen uns als Genossenschaft als Mittel zum Zweck, um Gutes zu bewirken. Und das besteht für uns darin, beispielsweise Krankenhäuser oder Einrichtungen der Altenhilfe zu finanzieren, die bei anderen Banken teilweise auf einer schwarzen Liste stehen.

Weil es zu riskant ist, sie zu betreiben?

Teilweise, ja. Wir brauchen nur einen Blick auf die Krankenhausbranche zu werfen: Da schließen aktuell viele Häuser, gerade auf dem Land. Der Trend wird sich den nächsten Jahren fortsetzen. Wir haben in unserer Kundschaft aktuell 149 Krankenhäuser und achten natürlich darauf, dass sie wirtschaftlich aufgestellt sind. Dazu suchen wir – wenn nötig – gemeinsam nach einer Lösung, die beispielsweise darin bestehen kann, dass sich Einrichtungen zusammenschließen oder spezialisieren. Insgesamt haben wir rund 1,6 Milliarden Euro in die Bereiche Gesundheit, Lebensqualität im Alter, Hilfe, lebendiges Gemeindeleben, Bildung, bezahlbaren Wohnraum sowie den privaten Wohnungsbau investiert. Das ist unser Kerngeschäft.

Im vergangenen Jahr hat die KD-Bank Überschüsse in Höhe von 7,8 Millionen Euro erwirtschaftet. Was haben Sie mit dem Geld gemacht?

Der Großteil ist in Rücklagen geflossen. Sie dienen dazu, unsere Eigenkapitalquote zu erhöhen, wozu wir gesetzlich verpflichtet sind – als Reaktion auf die Finanzkrise vor gut zehn Jahren. Außerdem zahlen wir jedes Jahr eine Dividende an unsere Mitglieder. Die lag zuletzt bei ungefähr einer Million Euro. Das ist nicht viel, aber die Kunden sind dankbar, weil sie immerhin vier Prozent Rendite auf ihre Anteile bekommen.

Wie passt das zur Forderung von Raiffeisen, dass Gewinne und Überschüsse wohltätigen Zwecken und hilfsbedürftigen Menschen zugute kommen sollen?

Ich meine, und vielleicht ist das eine steile These, dass wir genauso verfahren. Wir zahlen die Dividenden ja zurück an Einrichtungen aus Kirche und Diakonie, in deren Haushalte die Gelder einfließen. Damit können sie ihren Auftrag erfüllen. Und dieser Auftrag von Kirche und Diakonie ist ganz klar auf Wohltätigkeit und Gemeinnützigkeit ausgerichtet.

Stammen denn alle Kunden, die Mitglied bei der genossenschaftlichen KD-Bank sind, aus dem Bereich Kirche und Diakonie?

Ja, genau. Unsere rund 4000 Mitglieder sind ausschließlich institutionelle Gruppen aus Kirche und Diakonie. Mit einer Ausnahme: Aufgrund des Genossenschaftsgesetzes sind Personen, die im Aufsichtsrat unserer Bank sitzen, dazu verpflichtet, ebenfalls Mitglieder zu werden. Aber das fällt aufgrund der vergleichsweise geringen Anzahl kaum ins Gewicht. Daneben haben wir als Bank natürlich auch Privatkunden. Manche von ihnen fragen: Warum kann ich kein Mitglied sein? Das lehnen wir aber ab, weil wir unseren Auftrag nicht verwässern wollen.

Bestünde denn eine Gefahr, dass das passiert?

Ja, weil wir als Genossenschaft basisdemokratisch organisiert sind. Ob Landeskirchen, Evangelische Kirche in Deutschland oder Kirchengemeinden vor Ort – bei unseren Generalversammlungen haben alle gleichberechtigt eine Stimme. Deswegen ist es wichtig, dass wir an einem Strang ziehen, wenn abgestimmt wird. Bei einer Aktiengesellschaft ist das ja ganz anders. Wer mehrheitlich Aktien besitzt, bestimmt den Kurs. Würden also alle 30.000 Privatkunden auch genossenschaftliche Mitglieder werden, hätten sie mehr Stimmanteile als unsere 7.000 institutionellen Kunden. Dann könnten die Privatkunden entscheiden, wo es langgeht.

Und das wäre schlimm?

Privatkunden haben andere Ansprüche an eine Bank – ob es um eine Baufinanzierung oder Lebensversicherungen geht. Die bieten wir natürlich auch zu guten Konditionen an. Die institutionellen Kunden legen Wert darauf, dass der kirchlich-diakonische Geldkreislauf funktioniert. Und mit diesem Zweck sind wir ja gegründet worden. Dieser evangelische Bezug zu helfen und die Gemeinschaft zu stärken, ist  uns wichtig. Das wollen wir unter keinen Umständen aufgeben.

Schauen Ihnen Kunden und Mitglieder auf die Finger?

Ja, unbedingt. Und das ist auch gut so, weil es einen erdet. Es gab eine Zeit, da wurden bestimmte Finanzprodukte und Steuersparmodelle in der Bankenbranche gehypt, die besonders hohe Renditen versprachen. Da wurde von vermögenden Privatkunden oft gesagt: Herr Thiesler, das müssen Sie doch auch anbieten! Nehmen wir zum Beispiel die sogenannten Cum-Ex-Geschäfte. Cum-Ex, das klingt für viele unserer Kunden und Mitglieder wie ein Trinkspruch. Wenn ich erzählt habe, was dahintersteckt – einmal Kapitalertragssteuer zu bezahlen und sie sich mehrfach zurückzuholen – wurde damals schnell klar: Das war zwar legal, aber für uns nicht legitim. Also haben wir das abgelehnt. Vor der Finanzkrise galten wir deswegen in der Branche als unmodern, konservativ, verstaubt, langweilig.

Und jetzt?

Alles richtig gemacht. (lacht)

Schlägt sich diese Beobachtung auch in mehr Kundschaft nieder?

Als vor zehn Jahren eine starke Unsicherheit bei Großbanken herrschte, sind einige Kunden zu uns gewechselt. Aber das hat sich eingependelt. Wir haben eine stabile Kundschaft, und genau darauf legen wir Wert.

Darf denn jeder Kunde werden und ein Konto bei der KD-Bank eröffnen?

Wir sagen, dass Kunden unsere christlichen Werte teilen sollten, wobei wir das nicht überprüfen. Letztlich stellt sich das ohnehin automatisch ein. Wir machen kaum Werbung, und die meisten unserer Kunden sind Haupt- und Ehrenamtliche aus Kirche und Diakonie, die über ihren Dienstgeber auf uns aufmerksam geworden sind und in der Regel sehr lange bei uns bleiben.

Ist die KD-Bank auch besonders mildtätig gegenüber Kunden oder Mitgliedern, die ihre Kredite an die Bank nicht zurückzahlen können?

Die Frage wird uns oft gestellt. Und die Antwort ist auch immer die gleiche: Wir verwalten Geld nur treuhändisch. Wenn eine Kirchengemeinde also ihr Geld bei uns anlegt, muss sie es auch irgendwann zurückbekommen. Deswegen achten wir sehr genau darauf, welche Projekte wir finanzieren. Und wir kennen uns in den Branchen richtig gut aus, in denen wir tätig sind. Wenn eine Diakonie zum Beispiel ein Altenheim bauen möchte, können wir die Wirtschaftlichkeit gut einschätzen.

Und wenn es bei der Abbezahlung des Kredits doch einmal Engpässe gibt?

Dann unterstützen wir Kunden und Mitglieder dabei, eine Lösung zu finden. Wir sprechen zum Beispiel mit Gläubigern und erstellen Haushalts- oder Businesspläne. Wenn es eine Chance gibt, dass Kredite zurückgezahlt werden können, stunden wir die Rückzahlung: Kunden zahlen dann eine bestimmte Zeit lang nur Zinsen. Wir setzen aber schon vorher an: Unsere Mitarbeitenden haben keine Absatzziele, um Kunden etwa eine Lebensversicherung aufzudrücken. Da unterscheiden wir uns sehr von anderen Banken. Wir wollen, dass jeder ehrlich und fair beraten wird.

Welche Rolle spielen denn faire Geldanlagen für die KD-Bank?

Wir haben vor gut zehn Jahren einen Nachhaltigkeitsfilter eingeführt, der die gesamten Investitionen unserer Bank betrifft. Leitend sind dafür die Ziele des konziliaren Prozesses: Bewahrung der Schöpfung, Gerechtigkeit und Frieden. Bei all unseren Geldanlagen achten wir darauf, dass dem Rechnung getragen wird, wobei ein komplexer Kriterienkatalog zugrunde liegt. Wir haben auch den sogenannten FairWorldFonds mit aufgelegt, der unter anderem Kleinkredite in Ländern der Entwicklungszusammenarbeit vergibt. Anfangs waren wir skeptisch, saßen zusammen und dachten: Wenn der Fonds irgendwann einmal ein Volumen von 100 Millionen Euro erreicht, wäre das super. Jetzt sind wir bei einer Milliarde Euro. Das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Foto: KD-Bank

 

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